So deutlich sind die Geschlechterunterschiede bei den Erfahrungen von Gewalt
Unterschiedliche Bezahlung für gleiche Arbeit, seltener in Führungspositionen: Auch 2023 sind Frauen in Deutschland gegenüber Männern in manchen Bereichen benachteiligt. Das zeigt sich auch bei Gewalterfahrungen. Wie die DRK-Beratungsstelle für Schwangerschaft, Familienplanung und Sexualität in Potsdam Frauen unterstützt, die Opfer von Gewalt werden. Ein Beitrag von Stefanie Theil, Mitarbeiterin der Beratungsstelle.
Seit mehr als 100 Jahren wird am 8. März der weltweite Frauentag begangen. Doch brauchen wir in Deutschland diesen überhaupt noch? Leben wir nicht schon in einer gleichberechtigten Welt?
Frauen haben sich in der Geschichte Deutschlands bereits viele Rechte erkämpft, zum Beispiel das Wahlrecht oder die Bildung unabhängig des Geschlechts. Auch im Grundgesetz sind Mann und Frau gleichberechtigt (Art. 3, Absatz 2 GG).
Doch im 21. Jahrhundert gibt es weiter Benachteiligungen, die insbesondere Frauen treffen, zum Beispiel die ungleiche Bezahlung von Mann und Frau. Außerdem sind Frauen deutlich seltener in Führungspositionen vertreten.
Beunruhigende Zahlen bei Gewalterfahrungen
Bei einem Thema fällt der Geschlechterunterschied deutlich auf: bei Gewalterfahrungen. 81 Prozent der Menschen mit Gewalterfahrungen sind Frauen, 19 Prozent sind Männer.
Dabei bedeutet Gewalt nicht ausschließlich körperliche Gewalt. Auch Bedrohungen, Beschimpfungen, Belästigungen und Kontrolle zählen dazu.
Die Zahlen sind erschreckend: Jede dritte Frau erfährt mindestens einmal in ihrem Leben physische und/oder sexualisierte Gewalt. Zwei von drei Frauen erleben sexuelle Belästigung. Mädchen und Frauen mit Beeinträchtigungen sind zwei bis drei Mal häufiger von Gewalt betroffen als der Bevölkerungsdurchschnitt (Quelle: Bundesministerium für Frauen, Senioren, Familie und Jugend).
Gewalterfahrungen regelmäßig Thema in Beratungen
Wir als DRK-Beratungsstelle für Schwangerschaft, Familienplanung und Sexualität in Potsdam bieten Hilfsangebote für betroffene Frauen. Bei uns können sich Frauen sicher sein, dass sie ernst genommen werden und ihnen geglaubt wird. Wir haben Schweigepflicht und bieten vertrauliche Gespräche an.
Themen wie sexuelle Selbstbestimmung oder Erfahrungen mit sexuell übergriffigem Verhalten gegenüber Frauen sind immer wieder Inhalte unserer Beratungsgespräche. Oft geben sich Frauen „die Schuld“ daran und behalten ihre Erfahrungen aus Scham für sich.
Wenn Frauen mit Beeinträchtigungen Gewalt erfahren
Umso wichtiger ist es uns als professionelle Beraterinnen, Präventionsangebote durchzuführen. Wir geben regelmäßig in Klassen aller Schulformen Kurse zu Themen wie „Mein Körper“, „Persönliche Grenzen“ und „Handlungsmöglichkeiten bei Grenzüberschreitungen“.
Außerdem gehen wir in Einrichtungen für Menschen mit Beeinträchtigung und beraten vor Ort. Häufig nutzen Frauen mit Beeinträchtigungen dieses Beratungsangebot. Oft schildern sie erlebte Gewalterfahrungen, die zum Teil bis in die Kindheit reichen.
Gewalterfahrungen auch Thema der Brandenburgischen Frauenwoche
Zudem bieten wir eine Frauengruppe an. In diesem geschützten Rahmen erleben die Frauen, dass sie nicht allein mit ihren Erfahrungen sind. Sie erfahren Unterstützung und eine Stärkung des Selbstbewusstseins.
Das Thema Gewalterfahrungen verdeutlicht, wie groß die Geschlechterunterschiede in 2023 noch sind. Es braucht nicht nur einen Frauentag, um auf die Benachteiligungen von Frauen hinzuweisen. Auch die 33. Brandenburgische Frauenwoche hat 2023 das Thema „Bei uns doch nicht!“ und rückt Sexismus, Diskriminierung und Gewalterfahrungen in den Vordergrund.
- Wenn Sie jemanden kennen oder selbst Beratungsbedarf haben, wenden Sie sich gerne jederzeit an uns. Wir sind an jedem Wochentag telefonisch und per Mail erreichbar. Telefon: 0331 / 201-1891, Mail: beratungdrk-potsdam.de.